Unsere Rede bei der Demo, die die Seebrücke Kassel gemeinsam mit Kassel gegen Rechts und uns OMAS GEGEN RECHTS Kassel am 20.12.25 gegen das geplante GEAS (Gemeinsames Europäisches Asyl System) durchgeführt hat:
Ich bin Maria und spreche hier für die OMAS GEGEN RECHTS Kassel.
Vor einigen Wochen war ich im Kino, im Film „Kein Land für Niemand“. Ein Dokumentarfilm, der vor allem die Situation im Mittelmeer an den europäischen Grenzen zeigt.
Der Film zeigt Menschen, die fliehen, Menschen, die retten, Menschen (sogenannte Grenzschützer), die Rettung verhindern und den Tod der Fliehenden in Kauf nehmen oder ihn gar provozieren und zum Teil offen Gewalt anwenden.
Wir wissen, dass seit 2014 ca. 32 000 Menschen bei der Flucht im Mittelmeer ertrunken sind. Die Ärzte ohne Grenzen haben bereits 2015 gesagt: „Im Mittelmeer entsteht ein Massengrab, für das die europäische Politik verantwortlich ist.“ Da waren die Zahlen der Toten noch lange nicht so hoch wie jetzt… Menschen sterben in zunehmendem Maße auf diesen Fluchtrouten und das auch an Stellen, wo die Rettung nahe und möglich ist. An den Grenzen wird – gestärkt durch die Haltung und Maßnahmen der europäischen Flüchtlingspolitik – Menschenrecht missachtet, Tod in Kauf genommen. Die Menschen sterben nicht, weil sie flüchten, sondern sie sterben wegen der Politik der Abschottung. Weil Europa keine sicheren Fluchtwege zulässt, ist es lebensgefährlich. Und diejenigen, die gerettet werden, sollen in ihren Rechten so weit beschnitten werden, dass sie kaum Aussicht auf menschenwürdige Bedingungen haben.
Deutschlands Politik unterstützt die negative Stimmungsmache in der Flüchtlingsfrage. Mich entsetzt dieser Mangel an Humanität. Stattdessen geht es nur um Abwehr und Abschottung. In meiner langjährigen Berufstätigkeit habe ich eine andere Seite kennengelernt. Geflüchtete Menschen möchten in der Regel trotz vielfältiger Probleme ihren Beitrag leisten für unsere Gesellschaft. Da wird eine große Chance vertan.
Die allerersten Sätze des Grundgesetzes, die die Basis für die nachfolgenden Grundrechte bilden, lauten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“.
VERPFLICHTUNG! Sie ist nichts, was Politiker:innen gewähren oder verweigern können. Sie ist oberstes feststehendes Gesetz!
Davon sehe ich NICHTS in der derzeitigen deutschen und europäischen Migrationspolitik allgemein und erst recht nicht in den politischen Überlegungen zu GEAS.
Wir haben gehört, dass die deutschen Politiker:innen sogar noch schärfere Maßnahmen für flüchtende, asylsuchende Menschen ergreifen wollen, als das auf europäischer Ebene bereits angedacht ist. (Z.T. sind solche Maßnahmen bereits in den letzten Tagen entschieden worden, als wir noch in den Vorbereitungen des Protests dagegen steckten.)
„Verletzt nicht jeder, der die Würde eines anderen Menschen verletzt, in Wahrheit seine eigene Würde?“ Das ist ein Zitat des bekannten Neurobiologen Gerald Hüther.
Meine Frage an alle beteiligten Politikerinnen und Politiker: Wo ist bei den GEAS-Verhandlungen Ihre eigene Würde geblieben?
Dieser Verlust an Würde verursacht oder verstärkt auch andere Probleme in unserer Gesellschaft. Wir können das Thema „Umgang mit flüchtenden Menschen“ nicht abgesondert von anderen gesellschaftlich relevanten Bereichen behandeln. Wir brauchen insgesamt die Besinnung auf die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Vor allem im Umgang mit besonders verletzlichen Menschengruppen.
Denn sobald eine Gesellschaft beginnt, Menschenwürde, Menschenrechte zu verhandeln und zu relativieren, passiert etwas Gefährliches: Sie gewöhnt sich daran.
Und was heute besonders verletzlichen und Schutz suchenden Menschen geschieht, kann morgen jeden treffen.
Deshalb sagen wir, die OMAS GEGEN RECHTS und alle, die sich den Allgemeinen Menschenrechten uneingeschränkt verpflichtet sehen:
Diejenigen, die über GEAS abstimmen, tragen Verantwortung.
Wir fordern, dass sie eine Entscheidung treffen, die die Würde jedes Menschen schützt, keine Verschärfung, sondern menschenwürdige Fluchtwege. Werden Sie der klaren Verpflichtung unseres Grundgesetzes gerecht: die Würde der Menschen zu schützen –
Menschen zu schützen – ohne Ausnahme!
(Text: Maria)
