Mahnwachen für Moria
Der Brand in Moria hat die menschenunwürdigen Bedingungen des Flüchtlingslagers wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit, und auch unseres getrieben. Schon lange fordern wir, gemeinsam mit vielen anderen Organisationen wie der Seebrücke, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Aus strategischen Gründen lehnt die Bundesregierung dies ab, obgleich viele Städte und Gemeinden deutlich zum Ausdruck bringen: „Wir haben Platz!“
Der Brand in Moria hat die Forderungen aller Organisationen, nun endlich zu handeln, verstärkt. Die Initiative der OMAs GEGEN RECHTS hatte sich zu einer ersten Mahnwache entschlossen, die wir am 17. September von 11-12 Uhr auf dem Alexanderplatz veranstaltet haben. Viele PassantInnen signalisierten Unterstützung, ein Mann mit Migrationshintergrund war begeistert, weil er sich mit seinen unaufhörlichen Diskriminierungserfahrungen verstanden fühlte. Es war ein bisschen kühl und windig, aber wir haben schließlich schon Herbst.
Als wir erfuhren, dass die österreichischen OMAs ab dem 22.9. Mahnwachen in Wien abhalten, weil sie von dem ewigen NEIN von Kanzler Kurz und seiner Regierung entsetzt sind, haben wir uns zu einer kleinen Solidaritätsaktion entschieden, diesmal vor der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, Unter den Linden.
Uns war klar, dass die deutsche Regierung sich als Teil eines uneinigen Europas erlebt, und dass es in der Verantwortung der EU liegt, die Situation zu ändern. Deswegen haben wir erneut eine Mahnwache angemeldet, diesmal vor der EU-Kommission. Der 23. September war wohl der letzte Sommertag, um 11 schien die Sonne nicht nur, sie stach. Aber immerhin waren wir 15 Frauen, die die Stellung eine Stunde lang hielten. Die meisten PassantInnen hatten ihre eigenen Sachen im Kopf und beachteten uns kaum. Aber es gab auch deutliche Zustimmung – und natürlich einen Querdenker, der schon unter Alkohol stand.
Wie aktuell wir waren, zeigte sich am gleichen Tag, an dem die EU-Kommission ihr neues Konzept für die Asylpolitik vorgelegt hat. Die Nein-Sager wie Österreich, Ungarn, Polen haben sich durchgesetzt. Die meisten Aussagen der EU-Kommision zur Asylpolitik sind eine Verstetigung des schrecklichen Status quo. Und dabei wird die Sprache vergewaltigt, so wie es George Orwell in 1984 beschrieben hat. Ich traute meinen Ohren nicht, als ich im Radio hörte, dass Staaten, die nicht bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen, nach dem neuen EU-Konzept „Patenschaften“ übernehmen sollen. Was ist damit gemeint? Sie sollen die Rückführung von Flüchtlingen in die Hand nehmen, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Das ist schon ziemlich pervers, wenn man an die Bedeutung des Wortes im Alltag (und nicht bei der Mafia) denkt.
Hilde von Balluseck
(Initiative OMAS GEGEN RECHTS BERLIN)
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