„Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!“ Mehrmals steht dieser Spruch in meinem Poesiealbum. Auch meine Grundschullehrerin hat ihn mir aufgeschrieben. Ein Spruch von dem großen deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe. Ich habe das immer für selbstverständlich gehalten: Der Mensch sei edel, hilfreich und gut. Ein normaler, anständiger Mensch eben. Was auch sonst?
Bis mich jemand in einer E-Mail als „Gutmensch“ bezeichnete. Er meinte es abfällig. Er wollte mich damit als naiv und harmlos hinstellen, verunglimpfen. Es war als Kampfansage gegen die Flüchtlingsinitiative gemeint. Es ging dabei nicht um eine faire Auseinandersetzung, wie sie in einer Demokratie üblich ist. Es ging ihm um Diffamierung, Abgrenzung. Er wollte sich lustig machen über mich und „die, die so sind wie ich“. In rechtspopulistischen Kreisen wird so geredet.
Inzwischen tauchen immer mehr solcher Begriffe auf. Neuerdings ist z.B. von „den Amtskirchen“ die Rede. Auf den ersten Blick erscheint der Begriff harmlos. Gemeint sind die Evangelischen Landeskirchen und die Katholische Kirche, deren Verhältnis zum Staat rechtlich geregelt ist. „Amtskirche“ soll „Amtsschimmel“ suggerieren, will staatliche Abhängigkeit und behördliche Verkrustung unterstellen. Man will das Wort der Kirchen in der Öffentlichkeit herabsetzen, wirkungslos machen.
Worte transportieren immer den Geist dessen, der sie ausspricht. Nicht das einzelne Wort ist das Problem, aber das Denken, das dahinter steht. Mit welcher Absicht werden die Worte gebraucht? Welcher Geist treibt sie an?
Und was können wir gegen solch abwertenden, polemischen Sprachgebrauch tun?
In dem lesenswerten Büchlein „Sprich es an – Rechtspopulistischer Sprache radikal höflich entgegentreten“ (Ein Buch von Diskursiv; C. Morfeld, T. Gralke, P. Stefan, 2020) wird uns eine „radikal höfliche“ Sprache vorgeschlagen. „Denn durch Sprache bestimmen wir, in welcher Gesellschaft wir leben wollen. … Sprache ist vor allem eins: Handeln. Darum ist es gerade in einer vielfältigen, demokratischen Gesellschaft wichtig, ein gemeinschaftliches Verantwortungsgefühl für unsere Sprache zu entwickeln.“ (S. 29)
Das kleine Büchlein ist äußerst lesenswert! Zum einen deckt es das rechtsradikale Gedankengut hinter vielen Begriffen auf, zum anderen gibt es praktische Tipps für alltägliche Gespräche.
OMAS bemühen sich um eine radikal höfliche Sprache. Eine Sprache ohne Diskriminierungen, Vorverurteilungen oder unpassenden Verallgemeinerungen. Dazu sei das Büchlein empfohlen.