OMAS GEGEN RECHTS DEUTSCHLAND-BÜNDNIS

Für das sexuelle Selbstbestimmungsrecht aller Frauen: OMAs gegen die §§ 218/219

Der § 218 wurde 1871 in das Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches aufgenommen. Seitdem kämpfen Frauen und fortschrittliche Kräfte für seine Abschaffung (siehe hier). Viele ältere OMAs gegen Rechts waren als Jugendliche oder junge Frauen im Gefolge der Studierendenbewegung an den wütenden Protesten gegen diesen Paragraphen beteiligt, der die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen beschneidet.

Die Geschichte des s § 219a ist wesentlich kürzer. 

„Dieses kleine, schmutzige Anhängsel an den §218 wurde nämlich erst 1933, unmittelbar mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland, dem § 218 angefügt. Man machte sich als Ärztin oder Arzt seitdem strafbar, wenn man öffentlich eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung von Schwangerschaftsabbrüchen anbot“. (Bernt Hontschik, Frankfurter Rundschau vom 17.1.21 )

Auch damit setzten die Nazis ihre faschistische Bevölkerungspolitik durch, die auf der einen Seite deutsche Frauen mit dem Mutterkreuz belohnte, auf der anderen Seite aber Zwangssterilisationen und Euthanasie-Programme bis hin zur Ermordung von Millionen von Menschen beinhaltete.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hörte  man nichts mehr von diesem Paragraphen. Inzwischen haben sich jedoch „Lebensschützer*innen“ auf den Weg gemacht, um generell Abtreibungen zu verteufeln und Frauen davon abzuhalten. Einige davon zeigten Ärzt*innen an, die über die angewendeten Methoden des Schwangerschaftsabbruchs informierten. Die bekannteste ist unsere OMA gegen Rechts, Kristina Hänel (Gießen), die sich seit 2009 mit Ermittlungsverfahren auseinandersetzen muss.

Die Informationen auf ihrer Website wurden als illegale Werbung bezeichnet. 2017 wurde Kristina Hänel vom Landgericht Gießen zu einer Geldstrafe verurteilt. Sie ging in Revision, der Rechtsstreit zog sich hin. Ebenfalls in 2017 startete sie eine Petition, um öffentlich Unterstützung zu erhalten. Einmal wurde das Urteil aufgehoben und das Verfahren wieder nach Gießen zurück verwiesen, das letzte Mal wurde sie vom Landgericht Gießen dann erneut verurteilt. Nun, im Januar 2021, legt sie, wie auch andere betroffene Ärzt*innen, Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Das alles kostet Geld, viel Geld, und wer unsere Stellvertreterinnen vor Gericht unterstützen will, kann das tun: Pro Choice

Die Anzeigen, die Ermittlungsverfahren und die Kampagnen der Abtreibungsgegner*innen gehören in das Repertoire des Rechtsextremismus. Ein radikaler Abtreibungsgegner hat Abtreibungen sogar mit dem Holocaust verglichen. Den Prozess gewann Kristina Hänel, aber es bleibt für sie und alle anderen, die sich für die sexuelle Selbstbestimmung einsetzen, ein Risiko: Sie werden bedroht. Als sie die erste Mail mit rechtsradikalem Inhalt und Todesdrohung erhielt, war für sie klar: Es gab keine Alternative, als die Angriffe öffentlich zu machen. (Siehe dazu die TAZ)

Die Aktionen der Abtreibungsgegner*innen machen Angst. Viele Ärzt*innen wagen es nicht mehr, anzugeben, dass sie Abtreibungen durchführen. Und keine*r von ihnen darf überhaupt die notwendigen Informationen für betroffene Frauen veröffentlichen. Dies führt zu einer neuen Notlage dieser Frauen. Und es sind die Armen, die die entsprechenden Informationen zu spät oder gar nicht erhalten, auch auf diesen Klassenaspekt weist Kristina im Interview hin. 

Ein Glück: Andere Websites haben jetzt die Informationen zu den Methoden des Schwangerschaftsabbruchs übernommen. So kann sich jede Frau, die es will und braucht, selbst ein Bild machen. Damit OMAs ihren (Schwieger-)Töchtern und Enkelinnen einen entsprechenden Rat geben können, verweisen auch wir auf diese Seite: Solidarität mit Kristina Hänel.

OMAs gegen Rechts unterstützen Kristina Hänel und ihre Mitstreiterinnen. Wir hoffen, dass der Gang zum Bundesverfassungsgericht wenigstens diesen § 219 beseitigen hilft. Auch dann ist der Kampf von uns Frauen nicht beendet: „Wir haben in Deutschland, nach Malta und Polen, das restriktivste Abtreibungsgesetz in ganz Europa. Strafgesetzbuch, Beratungspflicht und 3-tägige Wartezeit vor dem Abbruch bestimmen den Ablauf.“ Diese Sätze sprach Christine von Rauch in einer Rede am 19. September 2020 bei der öffentlichen Kundgebung am Pariser Platz in Berlin.  

Es gibt also viel zu tun.

Dr. Hilde von Balluseck

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Die Welt zerfällt in Tatsachen. Elektroakustische Miniatur nach Wittgensteins Tractatus logico philosophicus von Marion Fabian.

(Wir bedanken uns für die Erlaubnis zur Veröffentlichung des Fotos bei Kristina Hänel und Ahmet Celebi – Fotograf)

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